Neuer Chef mit neuen Ideen
Jakob Scherzinger wird im September offiziell zum neuen Leiter der Musikschule ernannt werden. Der Oboist hat sich schon viele Gedanken dazu gemacht.
Achern. Jakob Scherzinger, der designierte Leiter der Musikschule Achern- Oberkirch, ist für seine neue Aufgabe bestens gerüstet. Nach dem Studium der Schulmusik, Oboe und Germanistik in Saarbrücken, machte er seinen Master in Musikpädagogik und Barockoboe an der Freiburger Musikhochschule.
Mit dem Unterrichtsbetrieb einer Musikschule ist er sogar von Kindesbeinen an vertraut. Schließlich leitet Scherzingers Vater, ein diplomierter Musiklehrer und Orchestermusiker, seit 1990 die Jugendmusikschule Kaiserstuhl-Tuniberg. Da ist es kein Wunder, das Jakob neben dem Kindergarten bereits Klavierunterricht hatte.
„Die am schwersten zu spielenden Instrumente sind die Oboe und das Horn“, las er als Grundschüler im „Guiness Buch der Rekorde“. Das weckte seinen Ehrgeiz. Da das Horn das Lieblingsinstrument des Vater ist, beschloss der Filius, Oboe zu lernen.
Lieber Fußball als Oboe
Da er jedoch, wie Scherzinger freimütig zugibt, „in der Pubertät lieber Fußball spielte, als täglich zwei Stunden zu üben“, konnte er bei „Jugend musiziert“ keine Erfolge feiern. Es habe ihm aber „unheimlich viel Spaß gemacht, im Ensemble des örtlichen Musikvereins als Oboist mitzuwirken“. Erst mit 16, 17 Jahren sei in ihm die Hingabe zur Musik gereift und Scherzinger beschloss, sein von nun an mit großer Intensität betriebenes Hobby zum Beruf zu machen. Auf die Studienzeit und die spannende Laufbahn als freischaffender Orchestermusiker blickt er heute mit Begeisterung zurück. Konzertreisen mit dem Landesblasorchester, der Freiburger „camerata academica“ und anderen Ensembles führten ihn bis nach Venedig, Los Angeles und San Francisco. In der Vorbereitungsphase auf Achern habe er sich jedoch von allen außerschulischen Verpflichtungen gelöst. Allein von einigen Ehrenämtern, wie dem Vorstandsposten bei der „Deutschen Bläserjugend“, will er sich nicht zurückziehen. Scherzinger feierte Anfang Juli seinen 30. Geburtstag und seit zwei Wochen ist er verheiratet. Der anstrengende Umzug von Freiburg nach Achern ist bewältigt. Bis zur terminlich noch nicht fixierten offiziellen Übergabe der Amtsgeschäfte im September hilft ihm sein Vorgänger Rudolf Heidler bei der Einarbeitung. Zu Beginn will Scherzinger auf Bewährtes bauen. Großen Wert lege er darauf, mit dem Kollegen in Achern und Offenburg eine „offene Kommunikation zu pflegen“. Sein Bestreben sei, das Kollegium der beiden Häuser als „Ganzes zu denken“ und eine „harmonische, eng verzahnte Gemeinschaft zu bilden“. Im schulischen Betrieb sei seine Leitlinie, „bei der Förderung der Spitze auf keinen Fall die Breite zu vergessen“. Wichtig sei es, bei Jugendlichen in Konkurrenz zu digitalen Medien die Freude am analogen Musizieren zu wecken. Dazu sei eine enge Zusammenarbeit mit den Schulen und Musikvereinen nötig, die Scherzinger ebenso engagiert wie sein Vorgänger befördern will.
Mehr Jazz, mehr Pop?
Die Genres Jazz und Pop könnten sich nach seiner Auffassung in beiden Häusern weiter entwickeln. Er möchte die Fachlehrer unterstützen, das Pop-Schlagzeug, den Pop- und Jazzgesang, sowie die Pop-EGitarre stärker zu etablieren. Er kann sich auch vorstellen, die Musikschule in Richtung historische Aufführungspraxis zu öffnen. Schließlich sei auch die Barockmusik am französischen Hof des 17. Jahrhunderts keinesfalls steif und gemessen, sondern in erster Linie Unterhaltungsmusik gewesen. Die Emanzipation der Blockflöte vom Einstiegs- zum Hauptinstrument zu fördern, sei ebenfalls eine dankbare Aufgabe. Perspektivisch kann sich Scherzinger außerdem vorstellen, einen neuen Akzent auf den Kunstaspekt der Musikschule zu setzen. Dazu gehören Konzerte mit Life-Collagen, mit Musik verbundene Textrezitationen und einfache Formen des Musicals. Das Wichtigste sei jedoch zur Zeit, die Corona-Auflagen zu erfüllen. So müssen zum Beispiel die Bläser mit drei Metern Abstand üben. Ein großes Problem sei, dass nun die Räume der Gemeinschaftsschule nicht länger mitbenutzt werden dürfen. In einem großen Klassenzimmer gelingt das Abstandhalten bedeutend leichter als in einem kleinen Übungsraum. Hier hofft Scherzinger auf neue Direktiven aus Stuttgart, da von dieser unverständlichen Vorschrift zum Beispiel auch der Betrieb der Volkshochschulen betroffen sei.
Quelle: Acher-Rench Zeitung vom 27.08.2020
Foto: Daniela Busam
Bericht VON WOLFGANG WINTER